Rookie des Monats: Boxer Batschuki Broian (21)

Keine halben Sachen

Kategorie: Rookie des Monats

Keine halben Sachen
Wenn Batschuki Broian mal wieder mit einem blauen Auge auf der Arbeit erscheint, muss er sich keine Standpauke von seinem Chef anhören. Denn der 21-Jährige ist Boxer - und gilt als eines der größten Talente in Deutschland. Im nächsten Jahr will sich der Essener seinen Traum erfüllen und Profiboxer werden.

 

 

Der Essener Batschuki Broian gilt in der Boxszene schon lange nicht mehr als Geheimtipp. Schon jetzt zählt er zu den deutschen Top-3 in seiner Gewichtsklasse. Der mehrfache Deutsche Meister hat sich in den letzten Jahren für höhere Aufgaben empfohlen und boxt seit diesem Sommer in der 2. Bundesliga. Doch dem ehrgezigen 21-Jährigen reicht das noch nicht: Wenn er seine Ausbildung zum Logistiker abgeschlossen hat, will er Profiboxer werden.

Batschuki, du gilst als eines der größten deutschen Boxtalente. Wo kann man dich überall im Ring sehen? Bei meinem Heimatverein, dem Boxring Essen, trainiere ich regelmäßig und kämpfe zum Beispiel bei den Deutschen Meisterschaften um Medaillen. Für den Boxring Hanau trete ich alle drei Wochen in der 2. Bundesliga an und für die Deutsche Nationalmannschaft boxe ich bei internationalen Kämpfen und bestreite zum Beispiel die Qualifikationen für Olympia, Welt- oder Europameisterschaften. Anders als zum Beispiel beim Fußball, wo man nur im Verein und der Nationalmannschaft aktiv sein kann, fährt man beim Boxen immer dreigleisig.

Wie kann man sich einen Kampf von dir in der Box-Bundesliga vorstellen? Alle drei Wochen finden samstagabends die großen Veranstaltungen statt, bei denen zwei Vereine mit jeweils acht Boxern aus acht Gewichtsklassen gegeneinander antreten. In Hanau ist Boxen total populär. Die veranstalten ein richtiges Spektakel mit rund 3.500 Zuschauern. Es gibt Tänzerinnen, Musik und natürlich einen Ringsprecher, der die Stimmung ordentlich anheizt. Das ist schon ein super Gefühl, vor so einer großen Kulisse zu boxen – besonders wenn man gewinnt (lacht).

Wie bereitest du dich auf deine Kämpfe vor? In Hanau ist das so, dass wir schon eine Woche vorher anreisen, um uns auf den Kampf vorzubereiten. Das machen allerdings nicht alle Bundesligisten – nur die, die sich das leisten können (lacht). Am Kampftag findet mittags das Wiegen statt und anschließend noch eine ärztliche Untersuchung. Ich bin kein Typ, der sich besonders heiß macht vor einem Kampf. Ich brauche vor allem meine Ruhe, höre Musik und konzentriere mich. Viele denken immer, dass man sich aggressiv macht, aber das funktioniert nicht, denn dann wird man nur noch nervöser. Man braucht vor dem Kampf einen klaren Kopf anstatt blinde Aggression.


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Welche Einlaufmusik läuft, wenn du in den Ring steigst? Ein besonderes Lied habe ich nicht. Ich lasse immer Rocklieder spielen, zum Beispiel von ACDC. Obwohl ich privat keine Rockmusik höre, motiviert mich das kurz vor dem Kampf noch einmal richtig.


Du boxt im Halbweltergewicht, der Gewichtsklasse bis 64 kg. Hast du Schwierigkeiten, dein Gewicht zu halten? Beim Boxen ist es so, dass man in Gewichtsklassen eingeteilt ist, und man sich dann auch daran halten muss. Ich darf also sowohl in der Bundesliga als auch bei der Nationalmannschaft maximal 64 Kilo auf die Waage bringen. Daher muss ich mich hin und wieder schon etwas runterhungern. Vor einem Kampf nehme ich teilweise nur eine Mahlzeit am Tag zu mir. Ich esse dann Sachen, die besonders satt machen, zum Beispiel Müsli mit Eigelb und Quark.

Wie kam es dazu, dass du Boxer geworden bist? Als ich fünf Jahre alt war, sind wir aus Georgien nach Löhne gezogen. Über Umwege kamen wir anschließend nach Essen. Mit zwölf habe ich mit dem Boxen begonnen. Als ich 17 war, habe ich an meinen ersten Meisterschaften teilgenommen, wo ich den amtierenden Europameister Eduard Schmidt geschlagen habe. Das war damals eine absolute Sensation und mein großer Durchbruch. Ich habe dann seinen Platz eingenommen und bin seitdem auch in der Nationalmannschaft.

Du scheinst sehr ehrgeizig zu sein. Ich mache keine halben Sachen. Lieber lasse ich etwas sein, als dass ich es nur halb mache. Wenn ich eine Sache anfange, dann ziehe ich sie auch richtig durch.

Wie sehen deine Ziele für die Zukunft aus? Mein Ziel ist es, mich für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Kasachstan zu qualifizieren. Denn wenn ich dort eine Medaille hole, kann ich den Sprung in den Profibereich schaffen. In der Regel bekommen die Sieger sofort Angebote von den bekannten Profi-Boxställen, wie zum Beispiel Sauerland oder Universum. Das ist natürlich ein großer Traum von mir!

Zurzeit absolvierst du im dritten Lehrjahr deine Ausbildung als Logistiker bei der Firma Gooran in Essen-Kettwig. Willst du denn mal in diesem Beruf arbeiten? Logistiker ist ein toller Beruf, aber ich sehe meine Zukunft natürlich erstmal im Sport. Ich mache die Ausbildung, damit ich was in der Hand habe, falls mir mal etwas passiert. Ich kenne viele andere, die darauf keinen Wert legen, da man vom Boxen gut leben kann. Aber gerade in diesem Sport kann es sehr schnell gehen, und man darf beispielsweise wegen Hirnblutungen von heute auf morgen nicht mehr Boxen. Wer dann keine Ausbildung hat, landet ganz schnell auf der Baustelle.


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Für das Boxen bist du viel unterwegs. Gibt es denn nicht manchmal Schwierigkeiten mit deinem Ausbildungsbetrieb? Meine Chefs Yossef und Boris Gooran unterstützen mich total und drücken auch mal ein Auge zu, wenn ich früher Feierabend mache, weil ich zum Training muss. Es ist auch kein Problem, wenn ich mal mit einem blauen Auge zur Arbeit komme (lacht). Sogar wenn ich tagelang in Hanau bin, machen sie keinen Stress. Das ist für mich sehr wichtig, weil Sie mir ermöglichen, die Ausbildung und das Boxen unter einen Hut zu kriegen. Wäre das in der Form nicht möglich gewesen und hätte man mich vor die Wahl gestellt, hätte ich mich wohl gegen die Ausbildung und für das Boxen entschieden. Ich bin meinen Chefs daher für diese Unterstützung total dankbar.


Was würdest du jungen Menschen raten, die gerne Boxer werden würden? Ganz ehrlich: Wenn ich mich noch einmal entscheiden könnte, würde ich lieber Fußballer werden (lacht). Als ich mit dem Boxen anfing, hat man mir nicht gesagt, worauf ich mich da einlasse. Als Boxer ist man ständig unterwegs, trainiert viel und muss immer auf seine Ernährung achten. In der Woche vor den Kämpfen ist man nervös, muss teilweise hungern und hat für nichts und niemanden mehr Zeit. Man muss auf vieles verzichten und braucht viel Disziplin. Daher genieße ich meine »Time-Out«-Phasen, wenn ich nach den Kämpfen Zeit habe und mit meinen Freunden in ein leckeres Restaurant gehen kann. Dann gibt es endlich mal was Richtiges zu Essen und kein Kaninchenfutter! (lacht).

Was gefällt dir am Boxen am meisten? Boxen ist eine gute Schule fürs Leben. Man lernt, dass man auf sich selbst angewiesen ist und nichts geschenkt bekommt. Man kriegt nur das, wofür man selbst arbeitet. Wenn man gut trainiert hat, kämpft man auch gut. Wenn man Scheiße gebaut hat, bekommt man Schläge – im wahrsten Sinne des Wortes. Da ist dann kein anderer, sondern man selbst schuld. Boxen ist wie eine Sucht, man kommt schwer davon weg. Das Auspowern macht total Spaß und bei vielen Boxern ist es so, dass sie nach der Karriere noch weiter trainieren, weil Sie nicht davon loskommen. Boxen ist ein guter Ausgleich, man kann Aggressionen abbauen und geht daher immer selbstbewusst und entspannt durchs Leben. Ich habe durchs Boxen viele Leute kennengelernt und habe Freunde in ganz Deutschland.

 

Batschuki Broian - Statistik

Alter / Größe / Gewicht: 21 Jahre / 176 cm / 64 kg

Klasse: Halbweltergewicht

Typ: Rechtsausleger

Statistik: 71 Kämpfe, 64 Siege, davon ca. 20 durch K.O., 2 Unentschieden, 5 Niederlagen

Titel: 2 x Deutscher Meister, 3 x Deutscher Vizemeister, seit 2007 Sieger aller NRW-Meisterschaften

 

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