Rookie des Monats: Schachspielerin Sarah Hoolt (23)

Die Schach-Königin von Deutschland

Kategorie: Rookie des Monats

Die Schach-Königin von Deutschland
Essen ist deutscher Meister. Schachspielerin Sarah Hoolt vom SF Katernberg setzte sich Anfang Juni in Bonn die Krone auf und ist somit offiziell die beste Schachspielerin Deutschlands. Doch auch im Alltag profitiert sie von ihrem großen Hobby.

 

 

Die 23-Jährige wurde im niedersächsischen Bad Bentheim geboren, studiert aber seit 2007 an der Universität Duisburg-Essen und lebt seitdem in Altenessen. Zuerst machte sie ihren Bachelor in BWL und legt derzeit ihren Master in Energie- und Finanzwirtschaft nach. Nebenbei findet sie jedoch immer wieder Zeit, auf höchstem Niveau Bauern, Läufer, König, Dame und Co. auf dem schwarz-weissen Brett geschickt zu verschieben. Da sie seit Kindestagen eines der größten Talente des Schachs war, spielte sie schon fast überall auf der Welt Turniere und Meiserschaften.

Seit Juni bist du deutsche Meisterin im Schach. Versuch uns zu erklären, wie das Gefühl war, als du die entscheidende Partie gewonnen hast.

Ich war unglaublich aufgeregt. Das Finale war ein absolutes Auf und Ab der Gefühle. Im Vorfeld war ich Favoritin auf den Titel, bin dann aber nicht gut gestartet. Im Finale um die deutsche Meisterschaft gibt es neun Runden und die ersten liefen nicht gut für mich, sodass ich es nicht mehr aus eigener Kraft schaffen konnte. Im Nachhinein war das mein Vorteil, weil dadurch der Druck weg war und ich mir gedacht habe: "Egal, jetzt hab ich nichts mehr zu verlieren!" Bis zum achten Spiel hatte ich dann überraschend wieder aufgeholt und hatte es in der letzten Partie wieder selbst in der Hand. Als das Spiel dann entschieden war, schossen natürlich Unmengen an Adrenalin durch meinen Körper und ich war erstmal völlig perplex. Direkt nach dem Spiel hat ein Kamerateam ein Interview mit mir gemacht. Ich war noch so durcheinander, dass ich da wenig Sinnvolles von mir gegeben habe. (lacht)

Weißt du noch genau wann du deine erste Partie gespielt hast?

Ich kann mich noch sehr genau erinnern, dass meine Eltern und meine ältere Schwester früher oft Schach gespielt haben. Mich hat es damals total gewurmt, dass ich nicht mitspielen konnte, weil ich die Regeln nicht kannte. Das hat meinen Ehrgeiz so geweckt, dass ich bereits mit sechs Jahren gelernt habe, wie man die Figuren zieht. So habe ich angefangen. Mit acht Jahren gab es an unserer Schule einen Aushang von einem Schachverein und dort bin ich dann mit einer Freundin hingegangen.

Wann hattest du deine ersten Erfolge?

Anfangs habe ich nur Bezirksmeisterschaften gespielt, 2001 wurde ich erstmalig Jugend-Landesmeisterin in Niedersachsen. Damit war ich für die deutsche Meisterschaft qualifiziert. Damals war ich total überrascht, weil ich zuvor nicht wusste, dass es eine deutsche Meisterschaft gibt. In der Folgezeit habe ich regelmäßig bei der deutschen Jugendmeisterschaft und insgesamt acht Jugend-Weltmeisterschaften gespielt. 2006 wurde ich deutsche Meisterin bei der U18. Zwei Jahre später fand die Schacholympiade in Dresden statt, bei der ich es auf den letzten Drücker noch in die Olympiamannschaft geschafft habe. Aber mein größter Erfolg war natürlich der Gewinn der deutschen Meisterschaft in diesem Jahr.

Du hast schon Turniere auf der ganzen Welt gespielt. Wohin hat es dich schon überall verschlagen?

Ich bin mit dem Schachspielen schon sehr viel gereist. Unter anderem war ich in China, in Shenzhen und Hongkong oder 2010 bei der Schacholympiade in Sibirien. Das waren natürlich absolute Highlights. Aber auch in der Türkei, Russland, Griechenland, Georgien oder Armenien war ich schon und konnte dort viele spannende Eindrücke sammeln. Das sind oft Orte, wo man sonst nicht hinkommen würde, die aber trotzdem sehr aufregend sind. Leider habe ich oft vor Ort ziemlich wenig Zeit, um mich ausführlich umzuschauen, weil der Sport natürlich im Vordergrund steht. Insgesamt ist mir aufgefallen, dass besonders in China und den osteuropäischen Ländern Schach eine viel größere Lobby hat. In Deutschland ist zum Beispiel das mediale Interesse relativ gering.

Wie viel Zeit investierst du insgesamt für dein Hobby?

Das variert natürlich. Wenn ich viel für die Uni tun muss, trainiere ich auch mal weniger und dann gibt es wieder Phasen, in denen ich sehr häufig trainiere. Ich muss das natürlich auch immer gut organisieren, dass meine Reisen dazwischen passen. An den Wochenenden bin ich eigentlich immer unterwegs. Wenn ich nicht gerade Turniere spiele, bin ich ja für zwei Vereine aktiv. Zum einen für den Hamburger SK in der Frauenbundesliga und zum anderen mit dem SF Katernberg in der NRW-Liga. Bei den Katernbergern komme ich manchmal sogar in der Herrenbundesliga zum Einsatz, was für mich eine große Ehre ist, weil das Niveau bei den Männern deutlich höher ist.

Schach ist ein Sport, der höchste Konzentration erfordert. Hast du das Gefühl, dass du durch das Schachspielen auch im Alltag Vorteile hast?

Mir fällt schon auf, dass es mir im Studium hilft. Eine normale Schachpartie dauert zwischen vier und fünf Stunden, in denen man voll konzentriert sein muss. Da ich diese Situationen gewohnt bin, fällt mir zum Beispiel auswendig lernen ziemlich leicht. Ich bin es einfach gewohnt, lange Zeit am Stück konzentriert zu sein. Ich bin auch Botschafterin eines Projekts, das »Schach für Kids« heißt, bei dem Kindergartenkindern vereinfachte Spielformen des Schachs vermittelt werden. Insgesamt ist Schach optimales Training fürs Gehirn.

Du wohnst jetzt schon einige Jahre in Essen. Was gefällt dir an der Stadt?

Ich bin ja in Bad Bentheim aufgewachsen, wo unter 20.000 Menschen leben. So idyllisch ist Essen natürlich nicht. (lacht) Ich finde aber, dass Essen eine sehr schöne Großstadt ist. Da ich ja sehr nah am Zentrum wohne, komme ich schnell zur Uni oder zum Limbecker Platz. Insgesamt lässt es sich im Ruhrgebiet sehr gut leben. Ausserdem genieße ich hier natürlich mein Studentenleben, das mir noch relativ viel Raum zum Schachspielen lässt. Wenn man mal im Berufsleben ist oder Familie hat, weiß man ja nicht, wieviel Zeit einem dafür dann noch bleibt. Aber ganz ohne Schach kann ich es mir eigentlich nicht vorstellen, so ein paar Turniere möchte ich auch dann weiterhin spielen.

Mehr Infos über Sarah Hoolt und den Essener Bundesliga-Schachverein Sportfreunde Katernberg gibt es im Internet unter ww.sfk-schach.de.

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